29.09.2015
Erweiterung des Tabakwerbeverbots: das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft prescht vor.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschat (BMEL) unter Christian Schmidt (CSU) hat einen Entwurf für ein neues Tabakgesetz vorgelegt, der über die anstehende Umsetzung der EU-Tabakprodukt- Richtlinie hinausgeht. Dieses betrifft in erster Linie das Verbot der Außenwerbung für Tabakprodukte und der Tabakwerbung im Kino nach 18 Uhr (siehe Mitteilungen des ÄARG 50 – 2015).
Das Verbot der Außenwerbung für Tabakprodukte ist an sich nicht spektakulär. Es wurde von den Drogenbeauftragten der früheren Bundesregierungen wiederholt gefordert. Sowohl Sabine Bätzing (SPD, 2005-2009) als auch Mechthild Dykmans (FDP, 2009-2013) hatten sich - wie jetzt Frau Marlene Mortler (CDU, seit 2014) - für eine Erweiterung der Tabakwerbeverbote eingesetzt. Ohne Erfolg! Zu dem Misserfolg mag beigetragen haben, dass für das Tabakgesetz ein Ministerium zuständig ist, das in erster Linie die Interessen der Landwirtschaft und Ernährung vertritt, und nicht das Gesundheitsministerium. Zudem wurden in der Vergangenheit alle Bestrebungen zur Verschärfung des Tabakgesetzes schon im Vorfeld hauptsächlich durch das Wirtschaftsministerium im Keim erstickt. Umso mehr ist es jetzt Christian Schmidt anzurechnen, dass er das erweiterte Tabakwerbeverbot in das neue Tabakgesetz aufgenommen hat. Er hat sich damit, wie aus internen Quellen zu erfahren ist, nicht das Wohlwollen einiger seiner Kollegen in den anderen Bundesministerien, den Spitzengremien der CDU/CSU und möglicherweise dem Bundeskanzleramt eingehandelt. Bei diesen halten sich zäh die Argumente der Tabakindustrie: 1. Für ein legales Produkt müsse auch geworben werden dürfen. 2. Die Wirkung von Tabakwerbung sei zweifelhaft. 3. Die Gefahren des Konsums von Tabakprodukten und Alkohol seien gleich hoch einzuschätzen. Ein Tabakwerbeverbot ziehe daher zwangsläufig ein Alkoholwerbeverbot nach sich. Die jahrelange Arbeit der Tabaklobbyisten, denen im Gegensatz zu den Gesundheitsvertretern die Türen der Ministerien und des Bundestages immer offen standen, zahlt sich offensichtlich aus.
Die gängige Einflussnahme der Tabaklobbyisten bei den politischen Entscheidungsträgern müsste von Rechts wegen eingeschränkt werden - wenn nur das Gesetz zum Tabakrahmenübereinkommen befolgt würde. Nach diesem Gesetz sollten die Entscheidungsträger „nur dann und nur so weit mit der Tabakindustrie interagieren, wie dies unbedingt erforderlich ist, um die Tabakindustrie und Tabakerzeugnisse wirksam zu regulieren“ (Abs. 20, Empf. 2.1). Weiter fordert das Gesetz: „Sind Interaktionen mit der Tabakindustrie erforderlich, sollten die Vertragsparteien sicherstellen, dass diese Interaktionen transparent erfolgen.“ (Abs. 20, Empf. 2.2)
Der letzteren Vorgabe kommt das BMEL beispielhaft nach. Es registriert die Besuche von Tabaklobbyisten und legt sie auf seiner Webseite offen - ein Zeichen für die Entschlossenheit des Ministers, die Kungelei zwischen Tabakindustrie und Regierung hinter verschlossenen Türen zu beenden (http://www.bmel.de/DE/Ernaehrung/Gesundheit/NichtRauchen/_Texte/Gespraeche_Tabakindustrie.html). Neben dem BMEL veröffentlicht auch das Gesundheitsministerium seine Kontakte mit der Tabakindustrie (http://bmg.bund.de/glossarbegriffe/r/rauchen.html).