Informationen zum Volksentscheid am 4. Juli 2010

Plakat Kindergesundheit 21. Juni 2010

Pressemitteilung

„Kinder würden rauchfreie Festzelte wählen“. So wirbt ein Plakat, das heute in München von der Stiftung Kindergesundheit e.V. vorgestellt wurde, für den kommenden Volksentscheid zum Nichtraucherschutz in Bayern. „Dass Kinder und Jugendliche in Festzelten dem Tabakrauch ausgesetzt sind, ist skandalös und muss unbedingt verhindert werden“, fordert Prof. Dr. med. Friedrich Wiebel, Vorsitzender des Ärztlichen Arbeitskreises Rauchen und Gesundheit e.V. (ÄARG). Nach einer Umfrage des Arbeitskreises darf gegenwärtig in nahezu allen Festzelten in Bayern geraucht werden. Jüngste Messungen lungengängiger Feinpartikel in Festzelten, in denen sich auch Familien mit Kindern aufhielten, haben hohe gesundheitsschädliche Konzentrationen ergeben. „Die Eltern sollten allein schon zum Schutz ihrer Kinder am 4. Juli mit JA für eine wirklich rauchfreie Gastronomie stimmen“, appelliert Wiebel.

Das ursprüngliche Nichtraucherschutzgesetz in Bayern aus dem Jahr 2007 wurde von den Regierungsparteien eineinhalb Jahre später stark aufgeweicht. Seitdem ist es wieder erlaubt, in Festzelten aller Art zu rauchen. Sogar die „ortsfesten“ Hallen wurden zum Rauchen freigegeben, wenn die Veranstaltungen dort einen volksfestähnlichen Charakter haben. Die Wirte hatten sich damals erfolgreich gegen Zugangsbeschränkungen für die verrauchten Festzelte und -hallen stark gemacht. Ohne die Familien und Jugendlichen unter den Gästen, so ihr Argument, liefe das Geschäft nicht richtig.

„Dass Kinder und Jugendliche zu verrauchten Festzelten Zutritt haben, ist aus Sicht der Gesundheit und des Jugendschutzes unerträglich“, sagt Prof. Dr. med. Friedrich Wiebel, Vorsitzender des Ärztlichen Arbeitskreises Rauchen und Gesundheit e.V. (ÄARG). „Die Heranwachsenden sind besonders empfindlich gegen die gesundheitsschädliche Wirkung des Tabakrauchs“ bestätigt der Facharzt für Kinderheilkunde und Jugendmedizin Prof. Dr. med. Detlef Kunze. „Passivrauchen verursacht oder verschlimmert bei Kindern erwiesenermaßen Husten, Asthma, Lungen- und Mittelohrentzündungen“.

Wer in Bayern mit der Familie in einem Festzelt rauchfrei essen und trinken will, wird lange suchen müssen. Eine Umfrage des ÄARG in bayerischen Städten und Gemeinden ergab, dass Nichtrauchern nur selten, z.B. im Kalbs-Kuchl, einem kleinen Oktoberfestzelt, „Asyl“ gewährt wird*. Wiebel betont, dass es nicht nur um „Bierzelte“ gehe, wie die Tabak- und Wirtelobby glauben machen will. Geraucht wird auch in Zelten, die bei Feiern von Sport- und Schützenvereinen oder bei internationalen Freundschaftstreffen, Musik-, Siedler- und Seefesten aufgestellt werden, und die in der Regel Höhepunkte der kommunalen Geselligkeit sind.

Die Belastung mit Schadstoffen des Tabakrauchs in Festzelten ist nicht trivial. Dies zeigen Messungen lungengängiger Feinpartikel, die die Nichtraucher-Initiative München (NIM) kürzlich in sechs großen Volksfestzelten in München, Ober- und Unterschleißheim sowie in Ingolstadt durchgeführt hat**. Bereits zwischen 16 und 19 Uhr, d.h. zu einer Zeit, in der Eltern mit ihren Kindern das Festzelt aufsuchen und der Besucherandrang noch mäßig ist, waren die Feinpartikelwerte bedenklich hoch. Sie reichten mit 439 Mikrogramm/m³ bis zum 18-fachen des Wertes, den die Weltgesundheitsorganisation als 24-stündige Maximalbelastung für die Partikel der gemessenen Größe 2,5 Mikrometer empfiehlt.

„Es ist nicht die Gesundheitsgefährdung der Kinder allein, warum die Festzelte rauchfrei sein müssen“, warnt Wiebel. „Die Kinder gewinnen in den verrauchten Festzelten den Eindruck, dass Rauchen zum geselligen öffentlichen Vergnügen gehört, ebenso wie Schweinsbraten und Bier. Der Eindruck kann sich lebenslang auswirken und sie dazu bringen, die Gesundheitsschäden durch den Tabakrauch als unvermeidlich hinzunehmen.“

„Kinder können beim Volksentscheid nicht mitwählen. Dafür sollten die Erwachsenen sie mit einem JA bei der Wahl in Schutz nehmen und ihnen den Weg in eine rauchfreie Zukunft ebnen.“

Kontakt: Prof. Dr. Friedrich Wiebel, Bundesvorsitzender, Ärztlicher Arbeitskreis Rauchen und Gesundheit e.V., Postfach 1244, D-85379 Eching/München, Tel. & FAX +49-89-316 2525

*  Anlage "Festzelte-Dokumentation"
** Anlage "Festzelte-Feinstaubmessung". Druckfähige Bilder (300 dpi) können von der Webseite http://www.ni-muenchen.de/content/view/299/20/ heruntergeladen und zum Zweck der Berichterstattung (Foto: NIM) kostenlos verwendet werden.